W|O|E|L – Kräuter Wissen: Passionsblume

Vorkommen

Die Passionsblume (Passiflora) mit ihren betörend schönen Blüten findet sich bei uns nur in Gärten, denn die Schönheit stammt ursprünglich aus den Subtropen und Tropen. Die Kletterpflanze mag es warm und gleichmäßig feucht. Es gibt zahlreiche Arten von Passionsblumen, insgesamt gehören rund 520 Arten zu dieser Gattung, und manche davon wachsen sogar als Sträucher oder Bäume. Die meisten Arten der Passionsblume kommen in Süd- und im südlichen Nordamerika, aber auch in Australien, Asien und auf Madagaskar sind einige Vertreter der Passionsblume heimisch.

Als Heilpflanze pharmazeutisch genutzt wird die fleischfarbene Passionsblume (Passiflora incarnata), die auch Winterharte Passionsblume heißt. Ihre Heimat liegt im Südosten der USA, heute wird die Passionsblume als Arzneipflanze hauptsächlich in Florida und Indien, aber auch in Spanien und Italien angebaut.

Nutzung und Wirkung der Passionsblume

Die nordamerikanischen Ureinwohner bereiteten aus der fleischfarbenen Passionsblume Speisen und Getränke und aßen ihre Früchte gern roh. (Die bei uns angebotenen Passionsfrüchte stammen allerdings von anderen Arten der Passionsblume.) Aber auch als Heilpflanze hat die Passionsblume bei den nordamerikanischen Indianern eine lange Tradition. Sie fertigten aus den Wurzeln der PassionsblumeZubereitungen, die sie unterschiedlich verwendeten: So tranken die Cherokee Wurzeltee gegen Leberbeschwerden und nutzten Breiumschläge aus gemahlener Wurzel bei Schnittwunden oder bei Entzündungen.

Nutzung als Heilpflanze in Europa

In Europa wird die Passionsblume seit dem 20. Jahrhundert insbesondere bei leichten Symptomen nervöser Unruhezustände, als Einschlafhilfe oder auch als angst- und krampflösendes Mittel angewandt; allerdings nur die oberirdischen Teile, also Blätter und Blüten der Passionsblume, nicht die Wurzel. Passionsblumenkraut findet sich in Nahrungsergänzungsmitteln und freiverkäuflichen pflanzlichen Arzneimitteln oft in Kombination mit anderen Pflanzen, insbesondere Baldrian, Weißdorn, Hopfen oder Johanniskraut.

Der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzen“ wählte die Passionsblume (Passiflora incarnata) wegen ihres Wirkungsprofils und der langen Nutzungsgeschichte zur Arzneipflanze des Jahres 2011.

Wie wirkt die Passionsblume?

In Laborversuchen wurde nachgewiesen, dass Extrakten aus Passiflora incarnata bei Nagern eine sedierende und angstlösende Wirkung haben, und die Inhaltsstoffe der Passionsblume direkt auf das GABA-System im Gehirn wirken. Der neuronale Botenstoff GABA spielt eine große Rolle bei der Kontrolle von Angst und Stressreaktionen. Die Forschung geht davon aus, dass die Bindung eines Inhaltsstoffes im Passionsblumen-Extrakt an den GABA-A-Rezeptor für die klinische Wirksamkeit verantwortlich ist. [2] Welche Inhaltsstoffe in der Passionsblume aber genau für die pharmakologischen Wirkungen verantwortlich sind, ist noch nicht eindeutig geklärt, wahrscheinlich handelt es sich auch um ein Substanzgemisch.

Dem Passionsblumenkraut werden traditionell folgende positive Wirkungen zugeschrieben:

  • bei nervösen Zuständen
  • bei leichten Einschlafstörungen
  • krampflösende und
  • angstlösende Eigenschaften.

Insgesamt stützt sich die Anwendung der Passionsblume „Passiflorae herba“ auf die seit langem belegte volksmedizinische Tradition und die Ergebnisse tierexperimenteller Untersuchungen. Laut einer Übersichtsarbeit von 2013 hat die Passionsblume in präklinischen Experimenten ein breites Spektrum an pharmakologischen Aktivitätengezeigt. Dazu zählen anxiolytische (angstmildernde), sedierende, hustenstillende, anti-asthmatische und anti-diabetische Aktivitäten. Es gibt, so die Autoren, jedoch nicht genügend gut dokumentierte, kontrollierte klinische Studien mit ausreichender Teilnehmerzahl. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass neue klinische Studien mit einer strengeren Methodik durchgeführt werden sollten, um die traditionelle Wirksamkeit von Passiflora incarnata L. zu bewerten. [1]

Inhaltsstoffe der Passionsblume

Die chemische Zusammensetzung verschiedener aus der Passionsblume gewonnener Produkte ist von der Wissenschaft intensiv untersucht worden. Gefunden wurden v.a. FlavonoideCumarine und ätherisches Öl. Die Ergebnisse zeigen, dass verschiedene bioaktive Bestandteile zu den berichteten klinischen Wirkungen beitragen können und wahrscheinlich synergistisch wirken, das heißt, sich gegenseitig verstärken. Derzeit gehen die Forscher davon aus, dass bisher aber nicht alle pharmakologisch aktiven Verbindungen genau identifiziert worden sind. [1] Als pharmakologisch wirksamen Substanzgruppe in der Passionsblumevermutet man die Flavonoide.

Aussehen

Passiflora incarnata wächst als immergrüner Strauch mit weitreichenden Wurzeln, von denen bis zu 6 Meter lange Triebe ausgehen. Ab Juni beginnt die fleischfarbene Passionsblume zu blühen und begeistert mit ihren faszinierenden circa 8 cm großen Blüten, die sich am Ende eines jeweils einzelnen Stiels befinden. Grün-weiße Kelch- und blass rosafarbene Kronblätter ordnen sich abwechselnd um die Corona an. Diese setzt sich aus 100 Fortsätzen zusammen, gewellt wie Fransen und in vielen Varianten gefärbt. Griffel und Staubblätter der Fleischfarbenen Passionsblumebilden eine Mittelsäule.

Wissenswertes

In den außergewöhnlich schönen Blüten der Passionsblume glaubten die christlichen Missionare Insignien der Passion Christi zu sehen. Diesem Umstand hat die Pflanze ihren Namen zu verdanken: Passiflora incarnata heißt so übersetzt die fleischgewordene Passionsblume.

In Präparaten verwendet wird nur die Fleischfarbene Passionsblume Passiflora incarnata, auch wenn auf der Verpackung fälschlich oft andere Arten wie die Blaue Passionsblume (Passiflora caerulea) dargestellt ist.

Quellen

  1. Miroddia M et al. (2013) Passiflora incarnata L.: Ethnopharmacology, clinical application, safety and evaluation of clinical trials. Journal of Ethnopharmacology. 150: 791–804. DOI: 10.1016/j.jep.2013.09.047
  2. Appel K et al. (2011) Modulation of the ?-aminobutyric acid (GABA) system by Passiflora incarnata L. Phytotherapy Research 25: 838–843. DOI: 10.1002/ptr.3352